Geschichte der Frauenbewegung
"Die Frauenbewegung ist eine globale soziale Bewegung, die sich für die Rechte von Frauen und die Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Stellung einsetzt". Quelle: www.wikipedia.org/wiki/Frauenbewegung Mit Clara Zetkin und Luise Otto hatte auch Sachsen zwei sehr engagierte Frauen. Die Redaktion hat das Schaffen beider Frauen kurz zusammengestellt sowie in der nachfolgenden Übersicht die wichtigsten Etappen der Frauenbewegung.
Luise Otto-Peters: geb. 26.03.1819 in Meißen, gest. 13.03.1895 Leipzig
Vorkämpferin der bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland. Als Tochter eines Rechtsanwaltes in Meißen lernte sie frühzeitig die menschenunwürdigen Bedingungen kennen, unter denen damals die Proletarierfrauen in den Textilbetrieben arbeiten mussten. Sie
trat mit Artikeln, Gedichten und Romanen wie z.B. "Ludwig der Kellner" und "Schloß und Fabrik" für die arbeitenden Frauen ein. 1848 wandte sie sich mit der "Adresse eines sächsischen Mädchens" an das Innenministerium in Dresden und forderte darin soziale Reformen. Sie gab eine Frauenzeitung heraus, die sich trotz behördlicher Anfeindungen und finanzieller Schwierigkeiten bis 1852 halten konnte. 1858 heiratete sie den Revolutionär und Schriftsteller August Peters. 1865 gründete sie in Leipzig einen Frauenbildungsverein und wenige Monate später, auf einem von Frauen aus allen Teilen Deutschlands besuchten Kongress den Allgemeinen Deutschen Frauenverein, dessen Leitung drei Jahrzehnte in ihrer Hand lag. Dieser Verein entwickelte eine rege Tätigkeit, um den Frauen Zutritt zu Berufen und Bildungsstätten zu verschaffen, die ihnen bis dahin verschlossen waren.
Clara Zetkin: geb. 05.07.1857 in Wiederau, gest. 20.06.1933 Archangelskoje bei Moskau
Hervorragende Führerin der deutschen und internationalen proletarischen Frauenbewegung. Sie stand immer in vorderster Reihe. Die Tochter des sächsischen Dorfschullehrers Elßner aus Wiederau bei Chemnitz kam mit dem Marxismus in Berührung, als sie während ihrer Ausbildung zur Lehrerin in Leipzig (1874 - 1878) mit russischen Emigranten und Studenten zusammentraf. Sie nimmt an Diskussionsnachmittagen des Allgemeinen Deutschen Frauenvereines teil. Sie lernt den russischen Revolutionär Ossip Zetkin kennen, ihr späterer Mann. Er wurde unter dem Sozialistengesetz ausgewiesen. Auch die junge Lehrerin verließ Deutschland, arbeitete als Erzieherin in Zürich, wo sie aktiv für den "Sozialdemokrat" tätig war (1882), der illegal nach Deutschland eingeführten sozialistischen Zeitung. Ihr Beitritt zu sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) 1878 führte zum Bruch mit ihrer Familie.
Von Januar 1883 bis 1890 lebte sie in Paris mit ihrem Ehemann. Obwohl dem Paar die Papiere fehlen, nimmt sie den Nachnahmen
ihres Partners an. Das Leben in der Emigration und der frühe Tod ihres Mannes brachten für die Mutter zweier Söhne große Schwierigkeiten. In der Pariser Zeit fällt die Bekanntschaft mit Führern der sozialistischen Bewegung wie Jules Guesde, Paul und Laura Lafague (eine Tochter von Karl Marx). 1891 nach dem Auslaufen des Sozialistengesetzes kehrt sie nach Deutschland zurück und zieht nach Stuttgart.
Clara Zetkin war aktiv an der Vorbereitung des Gründungskongresses der zweiten Internationale (1889) beteiligt. Auf diesem Kongress hielt sie ein wichtiges Referat über die Stellung der Frau in der sozialistischen Bewegung. Sie forderte die vollständige berufliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frau sowie ihre aktive Teilnahme am Klassenkampf. Von 1892 bis 1912/13 nahm sie an allen Parteitagen der Sozialdemokratie und allen internationalen sozialistischen Kongressen teil und bekämpfte den Opportunismus. 1892 gründete sie die sozialdemokratische Frauenzeitschrift "Die Gleichheit". Seit 1907 war sie Sekretärin des internationalen Frauensekretariats.
Auf ihrer ersten Reise durch die Sowjetunion 1920 schließt sie Freundschaft mit Wladimir I. Lenin. Schon immer etwas kränkelnd lebt sie fortan abwechselnd in Deutschland und in der Sowjetunion, wo sie sich in verschiedenen Sanatorien behandeln, lässt. 1927 erhielt Zetkin zahlreiche nationale und internationale Ehrungen zu ihrem 70. Geburtstag.
Am 30.08.1932 eröffnete sie als Alterspräsidentin den neu gewählten Reichstag. In ihrer Rede kündigt sie den Zusammenbruch der kapitalistischen Gesellschaftsordnung an und plädiert für eine Einheitsfront gegen den drohenden Faschismus. Als Schulpolitikerin forderte sie Einheitlichkeit, Weltlichkeit und Wissenschaftlichkeit des Unterrichts.
1849 | Luise Otto gründet in Meißen die erste politisch, orientierte Frauenzeitung (1850 Pressegesetz: Nur Männer dürfen Schriftsetzer sein!) |
1865 | Luise Otto-Peters gründet in Leipzig den Allgemeinen Deutschen Frauenverein |
Geschichtlicher Hintergrund | Durch die Industriealisierung ändert sich die Arbeitswelt. 12.400 Arbeiterinnen und 13.000 Arbeiter |
1890 | Helene Lange gründet den Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein |
1900 | Frauen werden an den Hochschulen zugelassen |
1911 | Erster offizieller Internationaler Frauentag 19.03.1911, ab 1977auf den 08.März verlegt! |
1920 |
Zulassung zur Habilitation (Margarethe von Wrangell - Professur ab 1923 Hohenheim oder Mathilda Vaerting - Professur ab 1923 Jena) |
Geschichtlicher Hintergrund | Unterschiede in der bürgerlichen Frauenbewegung |
1905 |
Helene Stöcker gründet in Berlin den Bund für Mutterschutz und Sexualreform |
1909 | Meyers Konversationslexikon: ..." Die geistige Individualität der Frau sowie das bei ihr vorherrschende Gemütsleben lassen sie für eine tätige Teilnahme am öffentlichen Leben wenig geeignet erscheinen. Dem Mann der Staat, der Frau die Familie" ... |
1914 | Gertrud Bäumler gründet den Nationalen Frauendienst |
Geschichtlicher Hintergrund | Bis zu Beginn des 1. Weltkriegs vielfältige Aktivitäten - zumeist polizeilich verfolgt der Arbeiterinnen (u. a. Clara Zetkin) i.T. zusammen mit der sozialdemokratischen Bewegung. |
1914 | erstmals gemeinsame Arbeit der "bürgerlichen" und "sozialen" Frauen |
12.11.1918 | Allgemeines Wahlrecht für Frauen und Männer ab dem 20. Lebensjahr |
1923 |
bei Doppelverdienern soll die Frau aus dem Erwerbsleben ausscheiden - Heimarbeiterinnen-Beamtinnen werden entlassen, wenn sie heiraten oder ein uneheliches Kind bekommen |
1933/Nov. | Die Neugründung von Frauenorganisationen wird verboten. |
1945 | 2/3 der Wohnbevölkerung (Berlin) ist weiblich - Arbeitspflicht für Frauen zwischen 15 und 50 Jahre, Arbeitspflicht für Männer zwischen 14 und 65 Jahre. |
1945/1946 | Gründung von mehr als 5000 überparteiliche und überkonfessionelle Frauenausschüsse |
Deutschland - West | |
1949 | Artikel 3 („Gleichheit vor dem Gesetz") des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland von 1949: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt" (Abs. 2) und „Niemand darf wegen seines Geschlechtes . . . benachteiligt oder bevorzugt werden" (Abs. 3). |
Geschichtlicher Hintergrund | In den fünfziger und sechziger Jahren blieben die Frauenvereine in der Bundesrepublik der Tradition der alten bürgerlichen Frauenbewegung verhaftet. Dabei wurde versucht, die Forderungen nach Beteiligung der Frau in den Entscheidungsgremien in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor allem durch Frauenverbandsarbeit in den verschiedenen Interessengruppen durchzusetzen. Als Kritik für diese Vorgehensweise der etablierten Frauenverbände, die die Mitbeteiligung der Frauen durchgesetzt haben, entstand in den späten sechziger Jahren in Verbindung mit der Studentenbewegung auch eine neue autonome Frauenbewegung. - ab 1960 Beginn des Feminismus in Deutschland - Ziel ist es, die Gleichberechtigung, Menschenwürde und Entscheidungsfreiheit von Frauen sowie Selbstbestimmung zu erreichen. |
1957 | Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung des Ehemannes. Er kann Arbeitsverträge der Frau kündigen! |
1977 | Erwerbstätigkeit, wenn Vereinbarkeit mit den Pflichten in Ehe und Familie zusammenenpassen. D.h., Frauen in der BRD brauchen ihre Männer nicht mehr um Erlaubnis fragen, wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen wollen. |
ab 1977 | Gleichberechtigte Haushaltführung |
Deutschland - Ost/DDR | |
1947 |
Artikel 7 der Verfassung der DDR von 1949 legte fest: „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenwirken, sind aufgehoben." |
1952 | Förderung der Erwerbstätigkeit der Frauen in der DDR |
1966 | Familiengesetzbuch: Frau soll Familie und Beruf und gesellschaftliche Tätigkeiten vereinbaren können! |
Geschichtlicher Hintergrund |
In Betriebskollektiverträgen wurde der Frauenförderungsplan festgeschrieben. Erwerbstätigkeit von Frauen wurde somit aktiv gefördert. Zum Beispiel ein "Haushaltstag", das flächendeckende Angebot von Kindertagesstätten, die Möglichkeiten der Arbeitszeitverkürzungen wegen Kinderbetreuung, die berufsbegleitende Qualifizierung (z.B. Fernstudium für Frauen) oder auch der Frauenruheraum in den Betrieben unterstützen die Frauen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in Familie, Gesellschaft und am Arbeitsplatz. Eines war allerdings in West und Ost gleich: Nur wenigen Frauen gelang der Sprung in leitende Positionen. |
1975 |
1. Weltfrauenkonferenz in Mexiko - Stadt |
1980 |
2. Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen |
1985 |
3. Weltfrauenkonferenz in Nairobo |
Wiedervereinigtes Deutschland | |
1989 |
Das gesellschaftspolitische Ziel der Chancengleichheit von Frau und Mann floss nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublick Deutschland in den Einigungsvertrag. Die darin geregelten Änderungen von Artikel 3 des Grundgesetzes verpflichtet den Staat, aktiv auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann hinzuwirken und bestehende Nachteile zu beseitigen. |
03.10.1990 | Beitritt der DDR zur BRD - Einigungsvertrag - Grundgesetz Artikel 3, Abs. 2 |
Geschichtlicher Hintergrund | Gründung zahlreicher Frauenverine, Frauenverbände, Frauenhäuser und Frauenzentren, insbesondere in den neuen Bundesländern mit einer Vielzahl von bundesweiten Aktivitäten, die alle frauenspezifisch ausgerichtet sind sowie bundesweiter Gender Institutionen, um die Unterrepräsentanz der Frauen in Führungspositionen zu verbessern. |
1994 | Einführung 2. Gleichstellungsgesetz (GleiBG) ab 2001 (DGleiG) Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz. D.h., Einführung Gesetz zur Förderung von Frauen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes (Frauenfördergesetz - FFG). |
1995 | 4. Weltfrauenkonferenz - Internationale Verankerung von Frauenrechten - Verabschiedung der Aktionsplattform für die Machtgleichstellung aller Frauen |
1998 | Beschäftigungspolitische Leitlinien in der EU mit dem Auftrag an die Mitgliedsländer, diese im eigenen Land für mehr Wachstum und Beschäftigung umzusetzen |
01.01.1998 | Regelung der Frauenförderung im Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) |
1998 | Bestellung von hauptamtlichen Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in den Agenturen für Arbeit - Rechtskreis SGB III |
01.01.2002 |
Einführung Job-AQTIV-Gesetz |
2006 | Einführung Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Bundesgesetz in der BRD. D.h., es soll Benachteiligungen der "Rasse", der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen. |
01.01.2011 | Bestellung von hauptamtlich Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in den Jobcentern g.E. - Rechtskreis SGB II |
04./08.03.2011 |
Welfrauenkonferenz der Basisfrauen in Venezuela - ca. 40 Länder diskutierten über die Koordinierung und Stärkung der Frauenbewegung, wie z.B. Frauenarbeit, Gleichberechtigung, bessere Bildung, bessere Löhne und vieles mehr. Standpunkte zu Frauenrechten und Gleichberechtigung wurden erarbeitet und werden jetzt in den Ländern thematisiert. |
Stand: 15.09.2015