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Geschichtlicher Hintergrund von Chemnitz

Historisches Chemnitz beschäftigt sich ein wenig mit der Vergangenheit, weil es uns wichtig ist. Hier einige ausgewählte Informationen, die die Stadt geprägt haben. Für Geschichtsinteressierte und Historikerinnen wird in dem folgenden Beitrag die Stadtentwicklung kurz dargestellt. Eine Wegbeschreibung vom Maschinenbau, über die Textilindustrie, dem Sächsischen Manchester bis hin zur Villa Esche und dem Karl-Marx-Kopf beschreibt die Autorin Michaela Barthel verschiedene Zeitfenster der Stadt Chemnitz/Karl-Marx-Stadt.

 

Ruß-Chamtz ist Geschichte
von Michaela Barthel

Chemnitz – Stadt mit Köpfchen und Nischl – eine Einladung zur Entdeckungstour, eine Stadt im ständigen Wandel, oft in atemberaubendem Tempo, niemals fertig, aber immer spannend.

König Lothar III war es, der Ende des 12. Jahrhunderts in der Nähe des Benediktinerklosters an einer Furt durch den Fluss Chemnitz eine stadtähnliche Siedlung errichtete. Chemnitz wuchs schnell und wurde schon im Mittelalter als „Wirtschaftzentrum“ gepriesen. So gilt beispielsweise das so genannte Bleichprivileg aus dem 14. Jahrhundert als Ursprung für die Entwicklung der Textilherstellung in der Region. Die Industrie entwickelte sich in der Folge in rasantem Tempo und Chemnitz - das Sächsische Manchester - war als eine der bedeutendsten Industriestädte Deutschlands bald in aller Munde. Hier in der Arbeiterstadt stampften und schnurrten die Maschinen. Glamour und Kultur war anderswo. In Leipzig wurde gehandelt, in Chemnitz gearbeitet und in Dresden gefeiert. Chemnitz, als drittgrößte Stadt Sachsens, hatte lange den Ruf der schmutzigen kleinen Schwester im Lande. Heute lächeln die alten Chemnitzer, wenn sie von „Ruß-Chamtz“ erzählen. Das ist Geschichte. Die Stadt mit Köpfchen, so der Leitspruch ihrer Bewohner, hat sich verändert. Sie löst nicht sofort ein „Ah“ oder Oh“ beim Besucher aus. Man findet keine verwinkelte und verträumte Altstadt. Man kann keine Brücken bewundern, die einen Strom überqueren. Stattdessen aber Betriebsamkeit im Herzen einer Stadt, die sich ihr Zentrum selbst neu geschaffen hat. Eine große Chance und Herausforderung, aber auch viel Verantwortung, was die Stadt und ihre Chemnitzer mit Bravour miteinander verbunden haben.

Die umliegenden Wälder und die lang gezogenen Grünanlagen des Stadtparks durchziehen die Großstadt wie eine grüne Lunge. Entlang der Chemnitz kann man so kilometerweit im Grünen spazieren. Hier rußt und nebelt es nicht mehr, allenfalls aus dem weit sichtbaren Schornstein des Heizkraftwerkes. Die Maschinen der High-Tech-Generation sind inzwischen leise und sauber. Doch die „Kathedralen“ der alten Industrie stehen noch - zahlreich und beeindruckend. Die Chemnitzer Unternehmer ließen früher ihre Fabriken von bedeutenden Architekten bauen. Deshalb sind es heute vor allem Fabriken und die um die Jahrhundertwende aus diesem Reichtum hervorgegangenen Gründerzeit-Wohnquartiere, die Bank- und Geschäftshäuser, Schulen und auch das Neue Rathaus am Markt, die Chemnitz sehenswert machen. In vielen der alten Fabrikgebäude, die nach der Wiedervereinigung Deutschlands zunächst stillgelegt wurden, pulsiert nach der Sanierung inzwischen wieder das Leben. So zog beispielsweise im April 2003 das Sächsische Industriemuseum in die alte Gießerei an der Zwickauer Straße. Das imposante Gebäude und seine Ausstellungen sind längst ein Besuchermagnet. Wahrzeichen der Stadt ist aber immer noch der „Nischl“. Das wuchtige Karl-Marx- Monument aus Bronze ist die größte Porträtbüste der Welt und gab der Stadt in der ehemaligen DDR 37 Jahre lang ihren Namen. Das damalige Karl-Marx-Stadt wurde 1990 auf Wunsch der Chemnitzer wieder rückbenannt. Heute leben in Chemnitz knapp 250.000 Menschen. Es ist eine Stadt innovativer Tüftler, Unternehmer, Künstler, Schauspieler, Grafiker, Spitzensportler und vor allem der Standort einer hervorragenden Universität – klein, fein, modern und selbstbewusst.

Chemnitz ist allerdings auch die Stadt, in der man für einen Kneipenbummel lange Zeit einen fahrbaren Untersatz brauchte und in der Fahrradfahren immer noch ein abenteuerlicher Sport ist. Vielleicht konnten sich mit Michael Hübner und Jens Fiedler im Radsport gerade deshalb international durchsetzen. Apropos Sport: da gibt es noch andere klangvolle Namen, die in
Chemnitz groß geworden sind – Michael Ballack (Fußball), Katharina Witt (Eiskunstlauf), Steve Theloke (Schwimmen), Lars Riedel (Diskuswerfen). Inzwischen findet man Glamour und Kultur genauso hier wie in anderen sächsischen Städten. Opernhaus, Schauspielhaus, das Puppentheater und freie Theatergruppen bieten Vielfältiges. Kunstsammlungen, Museen und die
rekonstruierte Villa Esche bieten zusammen mit den Galerien der Stadt ein reiches Angebot an bildender und angewandter Kunst. Die Familie Esche prägte wie keine andere das gesellschaftliche Leben und die Industrie der Stadt bis in die heutige Zeit hinein. Und kein Geringerer als der berühmte Architekt und Gestalter Henry van der Velde, ein enger Freund der Familie, erbaute in den Jahren 1902/1903 die Villa Esche. Die Villa wurde zwischen 1998 und 2001 aufwendig saniert und umgebaut. Das Gebäude beherbergt heute das Henry-vande-Velde-Museum und wird gerne für musikalische Anlässe genutzt. Selbst der Bund fürs Leben lässt sich hier in stilvoller Atmosphäre schließen.

Chemnitz wird sich als Stadt mit Köpfchen auch in den Köpfen anderer einnisten. Hier sind Menschen, die ihre Ziele hartnäckig verfolgen und wo das Umfeld günstig ist, um Ideen weiter voranzutreiben und letztlich auch zu realisieren. Die Agentur für Arbeit Chemnitz hat bis heute mit interessanten Projekten das kulturelle Erbe und das gesellschaftliche Leben der Stadt unterstützt.
(Erschienen im DIALOG, Juni 2006 - Veröffentlichung mit Zustimmung der Autorin).

 

Stand 08.01.2014